Sah man letztes Jahr nach dem gewonnenen Viertelfinale noch Freudentränen bei den Marburg Mercenaries waren die Tränen in dieser Saison anderer Natur. In einem Spiel, dass von der Dramaturgie an einen schlechten Hollywood-Streifen erinnerte, verloren die Gastgeber in der Verlängerung mit 41:42. Ein verschossener Extrapunkt durch Kicker Peter Müller sorgte letztendlich dafür, dass die Finalträume der „Söldner“ wie Seifenblasen zerplatzten.
Das Spiel begann wie von vielen erwartet. Die Hamburger Defense, von ihrem Trainer sehr gut auf das Laufspiel und vor allem Gerome Castleberry eingestellt, zwang die Marburger früh dazu, ein Passspiel aufzuziehen. Dies klappte anfangs auch recht gut. Ein konzentrierter und zielsicherer Ullrich fand noch im ersten Viertel Charles Henderson in der Endzone der Gäste. Nach Peter Müllers Extrapunkt stand es 7:0 für die Gastgeber. Die Offense der Hansestädter brauchte etwas länger um in Tritt zu kommen. Zunächst leistete Quarterback Dough Baughman sich eine Interception, als ein abgefälschter Ball in den Armen von Linebacker Basti Lau landete. Doch mit zunehmender Spieldauer kam vor allem das Laufspiel besser zum Zug. Runningback John R. Mc Nair machte Meter um Meter hinter einer kolossalen Offensive Line und zeigte sich auch für den ersten Touchdown Anfang des zweiten Viertels verantwortlich. Nachdem die Marburger eine weitere Interception durch David York Jahnke feiern konnten, war es erneut Chuck Henderson, der seine Farben mit 14:7 in Führung brachte, als er aus 3 Yards vollendete. Noch vor der Halbzeit glichen die „Blauen Teufel“ aus, als wiederum McNair, der am Ende des Tages fünf Touchdowns auf seinem Konto haben sollte, das Ei aus kurzer Distanz in die Marburger Endzone lief. Mit dem 14:14 ging es anschließend in die Kabinen.
Nach der Pause lief bei Marburg zunächst gar nichts mehr. Ullrich Pässe waren zumeist überworfen und das Laufspiel entwickelte sich nach wie vor nicht. Die Hamburger hingegen hielten an ihrem Game Plan fest und arbeiteten sich mit stoischer Ruhe über das Feld. Läufe über Mc Nair wechselten sich ab mit langen Pässen auf Spohr und DeArmas oder „Curls“ auf GFL-Ikone Max von Garnier. Zwei Mal schlugen die Elbstädter im dritten Viertel durch McNair zu und sorgten so für eine beruhigende 28:14 Führung. Als dann Ende des letzten Viertels auf 35:14 erhöht wurde, hatte sich wohl auch der letzte Optimist im Georg-Gaßmann-Stadion mit einer Niederlage abgefunden. Aber die Mercenaries kämpften sich in sensationeller Manier in die Partie zurück. Ausgestattet mit guter Feldposition – nachdem sich bei einigen Hamburgern wohl noch der Frust vom letzten Jahr entladen hatte, was zu 30 Yards Strafen führte – schlug jetzt die Stunde der Marburger „Big Play“ Offense. Die Hamburger Defense die zuvor absolut souverän wirkte fing jetzt an zu schwimmen, das Momentum wechselte eindeutig wieder zu den Gastgebern. Zunächst bediente Ullrich Henderson über 32 Yards in der Endzone, dann griff Filip Pawelka beherzt zu bevor es dann beim Stande von 28:35 zu einem absoluten Krimi wurde.
Es waren keine zwei Minuten mehr auf der Uhr, als die Marburger Offense ohne verbliebene Time Outs an der eigenen 1 Yard Linie den Ball bekam. Es geschah das Unfassbare. Plötzlich funktionierte alles und mit noch wenigen Sekunden auf der Uhr fand man sich plötzlich an der Hamburger 2 Yard Linie wieder. Die Devils versuchten noch einmal alles, nahmen sämtliche Time Outs kurz vor dem Snap, um die Marburger zu verunsichern, doch es half nichts. Castleberry vollendete zum Touchdown, Peter Müllers Kick war gut und das Stadion stand Kopf. Insgesamt 2100 Zuschauer waren nicht mehr Herr ihrer Sinne und feierten frenetisch den Einzug in die Verlängerung.
In dieser bekam Hamburg zunächst mit vier Versuchen ausgestattet den Ball an Marburgs 25 Yard Linie. Beim dritten Versuch fand Quarterback Baughman Julian Spohr an der Marburger 4 Yard Linie. Der Rest war hinter dieser O-Line nur noch Formsache, als der US-Spielmacher mit „Sneak“ selbst die Punkte auf die Anzeigetafel brachte. (35:42). Marburg riskierte jetzt alles und wurde belohnt. Ein Trickspielzug in Form eines „Flea Flickers“ sorgte mit dem ersten Pass bereits für den Touchdown durch Filip Pawelka. Doch nur wenige Sekunden später erstarb der Jubel im Stadion, als Peter Müllers Kick die Stange rechts verfehlte.
Das bitteres Ende eines hochdramatischen Spiels. Während die Hamburger ihren Emotionen freien Lauf ließen, sanken die Mercenaries müde auf den Rasen. Es ist müßig in diesem Zusammenhang über verdient oder unverdient zu sprechen. Im Sport gibt es halt auch glückliche Siege und unglückliche Niederlagen. Die Mannschaft der Marburger will zusammenbleiben und nächste Saison wieder angreifen. „Eine solche Niederlage tut weh, aber wir wollen und dürfen uns nicht beschweren“, so Wide Receiver Markus Glock direkt nach der Partie.