Nach der Regenschlacht gegen Schweden, waren wir alle erstmal überglücklich eine Medaille geholt zu haben. Dementsprechend ausgelassen wurde natürlich auch gefeiert. Und ich muss sagen, dass das Nachtleben von Tokyo einiges zu bieten hat. Japaner zeigen irgendwie deutliche Verhaltensunterschiede sobald die Sonne untergeht. Am Sonntag konnten wir uns, nach recht wenig Schlaf, das Finale live im Stadion ansehen. Es war ein wirklich sehenswertes und spannendes Spiel, das beide Mannschaften verdient hätten zu gewinnen. Bei der anschließenden Siegerehrung erhielten wir dann die lang ersehnten Medaillen. Ähnlich verdutzt wie die Amerikaner stellten wir schnell fest, dass sowohl Medaillen, als auch Pokal gar nicht aus Edelmetall sind, sondern aus Holz! Es ist aber nicht so, dass die japanischen Organisatoren nach dem ganzen Aufwand für die WM hierbei hätten sparen wollen. Nein, im Gegenteil, die Medaillen sind handgemacht aus einem seltenen, japanischen Holz, das mit Sand per Hand geschmirgelt und (bei der bronzenen) mit rotem Lack in traditioneller japanischer Technik verfeinert wurde. Um genau zu sein wurden unsere Medaillen von Nosaku, dem Meister „o Kanazawa Shikki“ (einem japanischen hölzernen Artefakt, dass ebenfalls mit diesem roten Lack überzogen ist) gefertigt. Er benutzte eine Technik, die seit 227 Jahren auf der Insel verwendet wird. Wow. Und wir dachten erst „Häh….wie…NUR Holz!“ Ich hoffe, dass die Amerikaner auch den kleinen Zettel im Medaillenkästchen entdeckt haben! Den Sonntagabend nutzte ich, um das erste Mal richtig japanisch Essen zu gehen. Zusammen mit Filip und Carsten, sowie mit Benno, Ludger und König Andre von der O-Line genoss ich die Köstlichkeiten einer richtigen japanischen Sushi-Bar. Hier spielte dann auch Murphy seinen letzten Streich, denn als Sushi-Rookie stellte Filip schnell fest, dass die glibberige Kaviar-Sushi-Variante nicht wirklich sein Ding ist. Nach einer weiteren kurzen Nacht ging es am Montagmorgen um 5.30 Uhr dann zum Flughafen. Gerade pünktlich, um dem starken Erdbeben zu entgehen, dass kurze Zeit nach unserem Abflug Japan erschütterte. Typhoons, Erdbeben…. Ich bin eigentlich recht froh wieder zu hause zu sein, muss ich sagen. Im Flugzeug konnte ich mich dann auch wieder der großen Herausforderung „Wer wird Millionär“ widmen. Den ganzen langen Weg von Ostsibirien bis über den Ural und das letzte Stück über Deutschland und Frankreich, versuchte ich die Million zu knacken. Leider scheiterte ich immer wieder an der 500.000 Pfund Frage. Sehr enttäuschend! Dafür kenne ich mich jetzt verdammt gut mit britischen Sprichwörtern und der britischen Kultur im Allgemeinen aus. Aufgelockert wurden meine Versuche immer wieder von der Kissenschlacht zwischen Biedenkopf…äh…kamp…äh…Birkenstock und Radke auf den Plätzen 43 A bzw. B und Duft und Ullrich auf 43 J bzw. K. Nach den vielen deutlichen Gesichtstreffern die Oliver „Razor“ Radke (Schwäbisch Hall Unicorns) immer wieder einstecken musste, stand am Ende aber ein klarer Sieg für 43 J/K. Spätestens im Flugzeug von Paris nach Frankfurt wurde einem dann klar, dass diese besondere Zeit nun langsam ihrem Ende zuging. Es war für mich nach 10 Jahren Team Germany das größte Erlebnis, das wir mit der Nationalmannschaft hatten. Es muss noch mal erwähnt werden, dass die WM von japanischer Seite großartig organisiert wurde und dort ein wirklich großes Event war. Doch am meisten in Erinnerung bleiben wird sie mir bestimmt wegen der vielen besonderen Menschen, mit denen ich diese Erfahrung teilen durfte. Es war wieder einmal etwas Besonderes zu sehen, wie viel Spaß und Erfolg 45 Spieler aus vielen verschiedenen Vereinen zusammen hatten und zu welch großartigen Team sie so schnell zusammen gewachsen sind. Es ist jetzt schon komisch nicht mehr mit 45 anderen zu frühstücken und ohne Georgs Lockerungen in den Tag zu starten. Sehr gespannt bin ich auf den Film der Hamburger Kameracrew, der vieles bestimmt deutlicher macht, als ich es hier beschreiben kann. Bedanken müssen wir uns auch wieder einmal bei den Helfern und Organisatoren, ohne die das Ganze nicht möglich gewesen, wie bei Carsten und Scotti (Orga), Thomas und F.P. (Equipment), Hans und Doc Feiler (Medizin) sowie natürlich bei den hart arbeitenden Coaches. Danke auch für die großartige Unterstützung von zu hause, die trotz der schwierigen Informationslage immer am Ball war. Und dann gibt es da noch eine Familie G., die uns alte Hanauer schon seit ewigen Zeiten überall unterstützt. Egal ob in Hanau, Aschaffenburg, Rüsselheim, Marburg oder sonst wo auf der Welt. Ich erinnere mich z.B. noch an die EM-Qualifikation 1998 in Feldkirch/Österreich. Der absoluter Hammer, dass Familie G. uns dann sogar am Frankfurter Flughafen empfängt. Ich werde jetzt erstmal wieder das Hotelessen gegen die Giessener Mensa tauschen und dann endlich die Sommerferien genießen. Bis bald im Gassmann Stadion.