02.02.2016: Sie nannten ihn "Toy Bulldog"
Bald schon wird er 78 Jahre alt, doch wenn man Ray Jauch über seine Motivation befragt, Offensive Coordinator bei den Marburg Mercenaries zu werden, so wird schnell klar, dass das Football- Feuer noch immer lichterloh in ihm brennt. "Seit ich 2012 als Trainer aufgehört habe fehlte mir etwas in meinem Leben. Die Herausforderung jungen Männern Football beizubringen, sie besser zu machen treibt mich noch immer an, so dass ich mich riesig auf die kommende Aufgabe in Deutschland freue."
Jauch war im College ein überragender Runningback, wurde 1958 mit den Iowa Hawkeyes "National Champion" und anschließend von den Buffalo Bills in der ersten Runde des Drafts der damaligen AFL (American Football League) - einem Vorgänger der heutigen NFL - ausgewählt. Doch der Mann aus Mendota, Illinois hatte anderes im Sinn. Nördlich der Grenze, in der Canadian Football League bei den Winnipeg Blue Bombers, begann glanzvoll eine Karriere, die leider bereits 1961 im Endspiel um den Grey Cup ein jähes Ende fand. Die Achilles Sehne riss, was unter den damaligen medizinischen Verhältnissen das sichere Ende aller sportlichen Hoffnungen darstellte. Dabei hatten die Fans in Winnipeg den nur 78 Kilogramm schweren Ballträger, der als Markenzeichen stets laut schreiend durch die Offensive Line brach, sofort in ihr Herz geschlossen, ihm dabei sogar den Spitznamen "Toy Bulldog" (Spielzeug-Bulldogge) verpasst. Aus Runningback Jauch wurde also zwangsläufig Coach Jauch, eine Entscheidung, die sein weiteres Leben prägen sollte. Nach einem kurzen Engagement an seiner "Alma Mater" in Iowa ging es zurück nach Kanada wo er den Trainerstab der Edmonton Eskimos ergänzte. Bereits 1970 machte ihn die Organisation zu ihrem Head Coach. Eine gute Wahl, wie sich herausstellen sollte, denn in den nächsten sechs Jahren führte Jauch die Mannschaft aus der Provinz Alberta, drei Mal in das Finale der CFL, dem sogenannten Grey Cup, den er 1975 gewinnen konnte. Persönlich gab es bereits im ersten Jahr die Auszeichnung zum "Trainer des Jahres". Von 1978 - 1982 ging es dann zurück nach Manitoba zu den Winnipeg Blue Bombers, bei denen er 1980 erneut zum Trainer des Jahres gewählt wurde. In den nächsten zwanzig Jahren blieb Jauch seiner Passion Football treu, trainierte unter anderem die Chicago Bruisers - mit im Trainerstab damals Sean Payton, mittlerweile Head Coach der New Orleans Saints - die Saint Ambrose University, die Saskatchewan Roughriders (OC) und die Toronto Argonauts (OA). In Marburg freut man sich jedenfalls einen solchen Fachmann für die Mannschaft gewonnen zu haben, ganz abgesehen davon, dass man sich auch die ein oder andere Anekdote aus einem ereignisreichen Leben an der Seitenlinie erhofft. "Da wird es sicherlich interessante Geschichten geben", so Präsident Carsten Dalkowski, der sich höchst selbst für die Verpflichtung verantwortlich zeigte. In der NFL hat Jauch übrigens nie gecoacht, auch wenn er einmal im Jahre 1982 anlässlich der Super Bowl Week für einen ganz großen der Zunft gehalten wurde. "Ein Fan verwechselte mich wohl aufgrund von Haarfarbe und Frisur mit 49ers Head Coach Bill Walsh, fragte mich nach unseren Chancen im Super Bowl und ließ auch dann nicht locker, als ich die Verwechslung längst aufgeklärt hatte. Letztendlich bin ich ihn erst losgeworden nachdem ich ihm versicherte, dass wir gut vorbereitet sind." Da war sie also schon, die erste Anekdote. Jauch wird Mitte Februar in Deutschland erwartet und das Training mit den Marburg Mercenaries aufnehmen.